Beeindruckt von seinem großen Bruder Tom startet Mio seine Tischtennislaufbahn mit 6 Jahren beim Krummesser SV. Unter begeisternder und fachmännischer Anleitung des dortigen Trainers und mit entsprechendem Trainingsfleiß entwickelt sich Mio schnell weiter und macht auf ersten Turnieren in Schleswig-Holstein im Kreis Lauenburg auf sich aufmerksam.

mio_tischtennis_5Mios Behinderung ist dabei kein unüberwindbarer Nachteil. Im Gegenteil, als Linkshänder und mit seiner starken Vorhand kann er seine Gegner schnell unter Druck setzen und viele Partien für sich gewinnen.

Nach erfolgreichen Turnieren und guten Platzierungen in Ranglistenturnieren kann sich Mio für eine Talentsichtung bei den Jugend-Landestrainern in Schleswig-Holstein empfehlen. Eine entscheidende Weichenstellung: neben einer Nominierung für den Perspektivkader wird Mio auch von der Landestrainerin für Behinderten-Tischtennis entdeckt und bekommt die Chance, im Behindertensport bei den Deutschen Jugendmeisterschaften in Alveslohe teilzunehmen.

Zur Vorbereitung wird Mio für seinen ersten Tischtennis-Lehrgang im deutschen Behindertensport eingeladen, bei dem er mit großer Herzlichkeit in eine bestehende Trainingsgruppe aufgenommen wird. Hier trainieren mehrere Kinder und Jugendliche aus Schleswig-Holstein mit verschiedenen Handicaps aber mit Eifer und Ehrgeiz.

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Mio gegen Frédéric Peschke bei den Deutschen Jugendmeisterschaften, Alveslohe 2016

Alveslohe wird ein Höhepunkt in Mios bisheriger Tischtennislaufbahn. Aus ganz Deutschland kommen die besten jugendlichen Athleten, um in verschiedenen Behinderungsklassen die deutschen Jugendmeister zu ermitteln. Es ist beeindruckend mit welcher Begeisterung trotz unterschiedlichster Behinderungen Tischtennis gespielt wird. Jugendliche in Rollstühlen, mit Prothesen, Dysmelien, Kleinwuchs oder mit koordinativen Behinderungen sind angetreten. Aber man merkt schnell, hier wird Leistungssport betrieben.

Ein interessante Erfahrung für uns ist, dass im Behinderten-Tischtennis die Jugendlichen weniger nach dem Alter eingestuft werden (eine Teilnahme ist bis 25 Jahren möglich), sondern mehr nach dem Behinderungsgrad. In den Klassen 1-5 spielen die Rollstuhlfahrer, in den Klassen 6-10 wird im Stehen gestartet, von erhöhtem bis geringen Behinderungsgrad. In den Klassen 11 spielen die Jugendlichen mit intellektueller und in AB mit allgemeiner Beeinträchtigung (z.B. organische Beeinträchtigungen wie Diabetis).

Mio startet bei den Jungen in der Gruppe mit den Klassen 9 – AB. Auf Grund der geringeren Anzahl an Jugendlichen wurden mehrere Klassen zusammengefasst. Mio muss u.a. gegen Yannik Rüddenklau antreten, den amtierenden deutschen Jugendmeister. Was für ein Altersunterschied. Mio mit 8 Jahren gegen teilweise 18 – 25-jährige Jungs. Mio kann ein Spiel gewinnen und erreicht am Ende sensationell den 4. Platz.

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Mio mit Marlene Reeg im DTTZ, Düsseldorf 2016

Der erste Schritt im Behinderten-Tischtennis ist getan, aber es geht weiter: Mio erhält eine Einladung zur Sichtung bei einem C-Kader-Lehrgang im Deutschen Tischtennis-Zentrum in Düsseldorf. Hier trainiert und spielt Borussia Düsseldorf, der „Bayern München“ im deutschen Tischtennis. Aber auch Teilnehmer aus ganz Deutschland in der integrierten TT-Schule und sogar Nationalspieler können hier angetroffen werden. Mit viel Ehrfurcht reisen wir an und verbringen sehr interessante Tage auf diesem Lehrgang. Mio trifft wieder einige Jugendliche, die ihm bereits von den Deutschen Jugendmeisterschafften bekannt sind.

Eine besondere Ehre: Er darf mit Marlene Reeg trainieren, die 15-jährige amtierende Deutsche Meisterin in der Klasse 10 sowohl im Jugend- als auch Erwachsenenbereich. Eine tolle Sportlerin, mit Dysmelie am linken Unterarm, die trotz ihres Erfolges noch angenehm bodenständig geblieben ist und Mio zeigt, welche Perspektive möglich ist.

Am Ende dieser 3 tollen Tage wird uns klar, was im Behindertensport, auch auf nationaler Ebene, wichtig ist: es kommt neben der Leistung vor allem auch auf eine gute Gemeinschaft an. Die Jugendlichen, die sich z.T. seit Jahren kennen, freuen sich auf das Wiedersehen, es wird gescherzt und gelacht. Und es wird mit Respekt trainiert; die Behinderung steht gar nicht im Vordergrund.

Mios größter sportlicher Erfolg: 1. Platz bei der TTVSH-Landesrangliste 2017 der Schüler C

Nächste Etappe ist der Jugend-Länder-Cup 2016 in Rostock, einem Vergleichswettkampf, bei dem jugendliche Nachwuchssportlerinnen und -sportler aus verschiedenen Disziplinen der Landesverbände des Deutschen Behindertensportes (DBS) e.V. gegeneinander antreten. Hier lernen wir viele interessante und motivierte Sportler aus verschiedenen Bundesländern aus ganz Deutschland kennen. Eine tolle Veranstaltung.

Ursprünglich hatten wir den Behindertensport gar nicht im Blick, doch jetzt sind wir froh, dass Mio diese tolle Möglichkeit bekommen hat. Wir haben herzliche und sehr engagierte Menschen kennengelernt und wir haben festgestellt, dass im Sport mit Willen und Training höchste Leistungen „trotz“ Handicap möglich sind. 

Nachtrag, 30.09.2017
Auch im „normalen“ Tischtennis kann Mio inzwischen beachtliche Erfolge feiern. Bei der Landesrangliste der Schüler C von Schleswig Holstein kann er 2017 sensationell den 1. Platz erreichen. Auf Grund des tollen Ergebnisses wird er vom Verband Schleswig Holstein nominiert, am DTTB Talentcup in Düsseldorf teilzunehmen, bei dem in seinem Jahrgang die besten 24 Jungs aus ganz Deutschland gegeneinander antreten. Für Mio eine gute Möglichkeit herauszufinden, wo er leistungsmäßig steht. Mit etwas Nervosität aber vor allem viel Kampfgeist kann er mit seinem Offensivspiel einen sehr guten 11. Platz erreichen. Vor dem Hintergrund, dass Mio offensichtlich der einzige Teilnehmer mit einem körperlichen Handicap war, ist das Ergebnis umso bemerkenswerter.