Fahrerlaubnis für Menschen mit Arm- oder Handfehlbildung

Eine Orientierungshilfe von Patrick Nold

Die richtige Fahrschule

Fahrerlaubnis mit einer Arm- oder Handfehlbildung? Ja, das ist möglich!

Der erste Schritt sollte für dich zur Fahrschule sein. Dort solltest du deine Behinderung offen ansprechen. Die Fahrschule sollte ein Gefühl dafür entwickeln, was du mit deiner Hand machen und erreichen kannst. Du solltest versuchen, die Fahrschule von dir zu überzeugen. Wenn die Fahrschule überfragt oder überfordert ist, ist das nicht schlimm. Im Zweifelsfall kannst du der Fahrschule eine kurze Probefahrt anbieten. Dabei kannst du und auch die Fahrschule sehen, was mit deiner Behinderung möglich ist und was nicht.

Wenn dir nur ein paar Finger fehlen, wird es kein Problem sein, das Lenkrad zu halten und den Blinker, den Scheibenwischer, die Warnblinkanlage oder die Hupe zu bedienen.

Fehlt dir hingegen die ganze Hand, hast du eine Verkürzung der Gelenke/Muskulatur oder kannst du mit den vorhandenen Fingern das Fahrzeug nicht wie gewünscht bedienen, musst du dich mit dem Gedanken an eine Lenk- oder Bedienhilfe anfreunden.

Die Fahrschule muss dann eine Entscheidung treffen. Entweder betreut sie dich und gibt dir die Chance, ein normales Auto zu fahren. Wenn du einen beweglichen Lenkknauf benötigst, kannst du die Fahrschule fragen, ob dieser am normalen Fahrschulauto befestigt werden kann. Es kann aber auch sein, dass die Fahrschule dies ablehnt. Dann kannst du natürlich eine weitere Fahrschule aufsuchen und dort erneut anfragen. Wirst du aber abgewiesen, hat das meist einen Grund und du solltest dir eine Fahrschule suchen, die sich auf behinderte Menschen spezialisiert hat und bereits umgebaute Autos für eine Vielzahl an Behinderungen besitzt.

Hilfsmittel

Woher weißt du nun, ob du ein Hilfsmittel benötigst oder nicht? In vielen Führerscheinanträgen wird nach einer vorliegenden Erkrankung gefragt. Einige Bundesländer haben diese Frage aus Datenschutzgründen gestrichen. Nun stellt sich die Frage, ob es sinnvoll ist, dort eine Fehlbildung der Arme oder Hände anzugeben. Es gibt zwei Möglichkeiten:

Möglichkeit 1: Du gibst deine Behinderung offen und ehrlich an. Es ist sehr wahrscheinlich, dass du nach dieser Angabe ein Schreiben der Fahrerlaubnisbehörde erhältst. Darin wird mitgeteilt, dass die Information über die Behinderung eingegangen ist. Um die Fahreignung nach § 11 FeV feststellen zu können, wird entweder ein Attest deines behandelnden Arztes oder ein fachärztliches Gutachten angefordert. Hier verfährt jede Behörde anders, weshalb keine konkrete Aussage getroffen werden kann.

Achtung: Legst du von vornherein ein Attest deines Hausarztes vor, kann es sein, dass dieses von der Fahrerlaubnisbehörde nicht anerkannt wird, da der Arzt in der Regel nicht über die notwendige Qualifikation zur Beurteilung verkehrsrechtlicher Fragen verfügt.

Wenn du ein fachärztliches Gutachten vorlegen musst, erhältst du eine Liste von Ärzten, die dir bescheinigen können, dass du ein Kraftfahrzeug mit oder ggf. ohne Hilfsmittel führen kannst. Sollten Bedenken bestehen, wird dies im Gutachten vermerkt.

Tipp: Wenn du bereits einige Fahrstunden in der Fahrschule absolviert hast, bitte den Fahrlehrer, ein Video von dir aufzunehmen, auf dem zu sehen ist, wie du mit deiner behinderten Hand das Fahrzeug ohne Hilfsmittel lenkst. Dieses Video zeigst oder schickst du einem Facharzt deiner Wahl. So sieht er, wie du mit deiner Hand umgehen kannst. Mit Hilfe des Gutachtens wird dann vom TÜV ein neues Fahreignungsgutachten erstellt. Darin werden notwendige Auflagen oder Einschränkungen mit den entsprechenden Kennziffern festgelegt.

Bei Bedarf kann auch eine Fahrverhaltensbeobachtung angeordnet werden. Das bedeutet, dass du mit einem Gutachter eine Probefahrt machen musst, bei der der Prüfer die Funktion deiner Hand beobachtet. Bei fehlender Hand ist dies in der Regel nicht notwendig, da die Notwendigkeit von Hilfsmitteln offensichtlich ist. Die Fahrprobe ist auch nach der amtlichen Begutachtungsrichtlinie nicht in jedem Fall zwingend erforderlich. Hier ist vorgeschrieben, bei welchen Behinderungen eine Fahrprobe erforderlich ist und wann sie nur in Betracht kommt. In der Praxis kommt es jedoch immer auf den jeweiligen TÜV-Gutachter an. Dieser muss entscheiden, ob ihm das vorgelegte Gutachten des Arztes zur Beurteilung der Fahreignung ausreicht oder nicht.

Möglichkeit 2: Die Behinderung wird nicht angegeben. Dann erfährt die Behörde nichts davon und kann auch kein Gutachten oder ähnliches von dir verlangen. Wenn du im Rollstuhl sitzt oder dir ein ganzer Arm fehlt, ist es ratsam, diese Behinderung von Anfang an anzugeben, da sie nicht zu übersehen ist. Hilfsmittel sind in diesem Fall für das Führen eines Kraftfahrzeugs zwingend erforderlich. Wenn du deine Behinderung nicht angibst und die Fahrstunden ohne Hilfsmittel absolvierst, kann es am Prüfungstag wieder zu zwei Varianten kommen.

Variante 1: Der Fahrprüfer lässt dich aufgrund deiner Behinderung nicht zur Prüfung zu. Er meldet dies der Führerscheinstelle, die dann die erforderlichen Gutachten von dir anfordert. Dieser Vorgang dauert länger und ist aufgrund der angemeldeten Prüfung mit höheren Kosten verbunden.

Variante 2: Der Fahrprüfer stellt deine Behinderung fest und lässt dich zur Prüfung zu. Dabei beobachtet er dein Fahrverhalten und wie du mit deiner Behinderung umgehst. Es liegt im Ermessen des Prüfers, ob er nun weitere Schritte einleitet oder ob er deine Eignung für ausreichend hält, da er sich von deinem Umgang mit der Behinderung überzeugt hat und nun keine Zweifel mehr an deiner Fahreignung bestehen. Grundsätzlich sollte er jeden Vorfall der Führerscheinstelle melden. Tut er das nicht, hast du Glück gehabt und dir viel Zeit und Geld gespart.

Ob man seine Behinderung freiwillig angibt oder nicht, lässt sich nicht pauschal beantworten. Der ehrliche Weg ist mit viel Aufwand und Kosten verbunden, aber weniger problematisch. Wenn du deine Behinderung verschweigst, kannst du Glück oder Pech haben, da du dann mit noch höheren Kosten sowie einem erneuten Zeitaufwand rechnen musst.

Kosten

Die Frage der Kostenübernahme für Hilfsmittel ist in der Kraftfahrzeughilfe-Verordnung (KfzHV) geregelt. Hierbei ist wichtig, dass das Kfz für die Teilhabe am Arbeitsleben genutzt werden muss. Du darfst also wegen deiner Behinderung nicht nur vorübergehend auf die Benutzung eines Kraftfahrzeugs angewiesen sein, um deinen Arbeits- oder Ausbildungsplatz oder den Ort einer anderen Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben zu erreichen, § 3 Abs. 1 S. 1 KfzHV. Ist dies der Fall, hast du bei mehreren Trägern einen Anspruch auf finanzielle Unterstützung. Träger sind die gesetzliche Unfallversicherung, die gesetzliche Rentenversicherung, die Kriegsopferfürsorge, die Bundesagentur für Arbeit und die Träger der begleitenden Hilfe im Arbeits- und Berufsleben nach der KfzHV. Die Leistungen werden nach § 2 KfzHV als Zuschüsse zur Beschaffung eines Kraftfahrzeuges und für die behinderungsgerechte Zusatzausstattung sowie zur Erlangung der Fahrerlaubnis gewährt.

§ 5 KfzHV regelt, dass bei der Beschaffung eines Kraftfahrzeuges der Kaufpreis, höchstens jedoch 22.000 €, gefördert werden kann. Die Höhe des Zuschusses richtet sich nach dem Einkommen des behinderten Menschen, § 6 Abs. 1 KfzHV. Sind Zusatzausstattungen erforderlich, werden die dafür anfallenden Kosten in voller Höhe übernommen, § 7 KfzHV.

Ein Lenkradknauf, mit dem Blinker, Scheibenwischer etc. bedient werden können, kostet ca. 3.000 €. Eine Rollstuhlverladeeinrichtung kostet zwischen 12.000 und 22.000 €.

Die Kosten für den Erwerb der Fahrerlaubnis sind in § 8 KfzHV geregelt. Auch hier wird je nach Einkommen des Betroffenen ein bestimmter Anteil bezuschusst.

Anfallende Kosten für die Erstellung eines fachärztlichen Gutachtens müssen von den Betroffenen selbst getragen werden. Je nach Umfang des Gutachtens kann dies zwischen 100 € und 800 € kosten.

Für weitere Fragen zum Thema stehen wir euch gerne zur Verfügung.