Schon als Kind habe ich gesagt: „Wenn ich groß bin, dann studier‘ ich Jura!“ Das war immer ein großer Traum von mir. Und seit über zwei Jahren darf ich mich jetzt schon Studentin der Rechtswissenschaft nennen. Neue Leute, neue Stadt, eingeschrieben bin ich bei der Universität Passau.

Meine Fehlbildung? Kein Problem! An der rechten Hand fehlen mir zwei Finger, mein Ellenbogengelenk ist versteift. Ja, und? Dann schreib ich halt mit links. Geht genauso schnell, und schnell gehen muss es ja, wenn der Professor seine Vorlesung hält und man aufpassen, mitschreiben und gleichzeitig noch in Gesetzestexten blättern soll. Da muss dann doch manchmal die rechte Hand herhalten, zum Umblättern reicht’s! Ich könnte, wie viele meiner Kommilitonen, auch am Laptop mitschreiben, aber das ist mir dann doch zu dumm, das Riesending mitzuschleppen. Lieber tippe ich in meiner Bude die Notizen ab. Das ist trotz der fehlenden Finger kein Thema. Wer braucht schon das Zehn-Finger-System, wenn es auch mit acht geht?

A propos Bude: Das war bei mir überhaupt kein Problem. Ich wohne in einem Wohnheim, das vom Studentenwerk getragen wird. Da ich auch eine Behinderung an meinen Beinen habe, hatte ich anfangs etwas Sorgen, dass ich irgendwo ganz oben einquartiert werde. Doch eine E-Mail ans Studentenwerk und die Sache war erledigt! Jetzt wohne ich im Erdgeschoss, die Bushaltestelle ist in Laufnähe, der Parkplatz auch nicht weit weg und wenn ich Lust habe, kann ich sogar bis zur Uni laufen. 

Nur an mein Messer muss ich jedes Mal denken! Keine Angst – nicht zur Verteidigung – ist nur ein Essmesser, mit einem formbaren Griff. Nur damit kann ich wirklich gut schneiden, sonst muss mir jemand helfen. Mit meinen Freundinnen esse ich mittags oft in der Mensa und manchmal, wenn wir noch bis abends in der Uni sind, kommt uns die Idee, in die nahegelegene Pizzeria zu gehen. Und dann ist es schon immer etwas blöd, wenn man dann fragen muss, ob einer mir die Pizza schneiden kann. Deshalb schau ich morgens lieber zweimal nach, ob ich das Hilfsmittel dabei habe. Oder auch wenn ich am Wochenende heimfahre. Leider wird dieses Messer nicht mehr produziert, sonst hätte ich mir schon längst ein zweites angeschafft. Aber was soll’s. In meinem Studiengang muss ich mir so viel merken, da werd ich an sowas auch noch denken können!

Was bleibt sonst noch zu sagen? Nicht viel, außer: Nichts geht übers Studieren 😉 

Hannah Lotze